Boelkow-Junior im Langstrecken-Einsatz



oder... mit einem Oldtimer die USA überquert



So lang man noch träumen kann ...... So klingt es in einem deutschen Schlager. Zwei altgediente Segel- und Motorflieger träumten davon, nachdem sie mit ihrem Bölkow-Junior Langstreckenflüge nach S - DK - NL - B - F - GB - und A hinter sich gebracht hatten, noch einmal eine richtig grosse Aufgabe anzugehen. Da kämen Kontinentüberquerungen in Frage. Aber wie macht man so etwas? Der Zufall half. Ein befreundetes Ehepaar, beide Segelfluglehrer im LSV Bayer-Leverkusen, hatte beschlossen, jedes Jahr eine gewisse Zeit in den Staaten zu leben und nahmen ihren Bölkow-Junior (im Container verpackt) mit. Wir waren von diesen Planungen total begeistert und unterstützten sie mit Rat und tatkräftigem Anpacken. Und so erweiterte sich der Horizont und die Aussicht, unseren Traum zu realisieren wurde immer konkreter. Kurz und knapp: Die Fliegerfreundschaft brachte es zuwege. Wir waren eingeladen mit dem Junior N - 208 WC (WC steht für Wolfgang & Christine) den amerikanischen Kontinent von St. Augustine / Florida nach San Diego / Kalifornien zu überqueren. Von dort hatten wir eine Einladung von Larry Peterson, der auch einen Bölkow-Junior-Oldtimer fliegt.


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Amerikanische Fliegerfreunde halfen, die richtige Jahreszeit für dieses Unternehmen zu bestimmen und das Internet lieferte die zur Planung erforderlichen Flugplatzdaten: www.airnav.com, "the pilot´s window into the world of aviation information." Sogar die jeweiligen Kraftstoffpreise sind dort angegeben. Flugticket kaufen und mental vorbereiten war angesagt. Und so ging es am 9. 9. 99 los: Köln - Amsterdam - Memphis - Jacksonville. Bereits am nächsten Tag wurden zum Eingewöhnen Platzrunden am Grasstrip der wunderschön in einem Pinienwald gelegenen Flight-Community absolviert und ein Rundflug in der Maule 160, den sich unsere Gastgeber noch zugelegt hatten, um ihre Libelle schleppen zu können, machte uns mit der erweiterten Umgebung bekannt.. Am nächsten Tag, einem Samstag hiess es früh raus: Start mit Junior und Maule zu einem Frühstücks-Fly-In zu einer anderen Flight-Community bei Lake City. Hier treffen sich Flieger ungezwungen zum Frühstück und fachsimpeln und bewundern gegenseitig ihre Maschinen. Wie schon oft erlebt, hielten einige unseren schmucken Junior für ein Kit-Homebuild und waren ganz erstaunt zu hören, dass dieser Flieger aus deutscher Industriefertigung stammt, davon 200 Exemplare hergestellt wurden und das gute Stück schon 33 Jahre alt ist. Dabei war diese Annahme - wenn auch nicht up-to-date - gar nicht so abwegig. Der Urtyp des Bölkow - Junior, als BA-7 von Björn Andreasson während seiner Tätigkeit bei Convair in San Diego in 15oo Arbeitsstunden erbaut, wurde 1958 zur EAA Convention in Oskosh der Welt vorgestellt. Nachdem Andreasson einen Vertrag als Chefkonstrukteur in seiner Heimat bei Malmö-Flygindustri (MFI) angenommen hatte, brachte er sein Modell im Jahre 1961 zur Pariser Air-Show und Bölkow nahm eine Fertigungslizenz bei MFI und verkaufte weltweit ständig weiter verbesserte Modelle.

Nach dem Frühstück ging es weiter Kurs Ost, denn wir wollten dem Junior den Atlantik zeigen, (und später dann auch den Pazifik). Landung in St. Augustine. Erste Überraschung: Grosser Flugplatz mit 3 Landebahnen, aber kein Tower, kein BfL, kein Stress, alles easy. Der Tankwagen kommt ungerufen zum Flieger und man fragt, ob man tanken will. Landegebühr? Gibt es hier nicht! Bald dann wieder zurück zum heimatlichen air-strip. Der nächste Tag brachte einen einstündigen Flug zu einer Bade-Insel im Golf von Mexico, Dogs-Island. Hier bestätigt die Ausnahme wieder einmal die Regel. Der Platzhalter erwartet von den anfliegenden Piloten eine Landegebühr von 10 $, die, wie dem Hinweisschild zu entnehmen ist, zur Platzpflege und Erhaltung verwendet wird und einfach in die Blechbox eingeworfen wird. Das Meer war schön warm, aber der aufziehende Hurrikan Flloyd brachte hohen Wellengang und viele Quallen.


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Vier glückliche Piloten in California

Am nächsten Tag wurden beide Maschinen noch einmal gründlich ge-checkt und am 14. 9. ging es los, Kurs 270 0. Wir hatten als Leitlinie den Interstate 10, später dann I - 8 direkt nach San Diego. Erster Tankstop in Bay Minette / Alabama. Nächster Leg nach Eunice / Lousiana und weiter nach Cleveland / Texas. Hier rechnete unser GPS aus, dass uns der Hurrikan Flloyd einen Rückenwind von 25 Knoten beschert hatte und am ersten Tag schon 650 NM hinter uns lagen. Der nächste Tag brachte uns über Tankstop Horseshoe Bay nach Fort Stockton in Texas, wieder 550 NM dem Ziel entgegen. Wie gross der Staat Texas ist, wussten wir dann endgültig am nächsten Tag, nachdem wir insgesamt 7:27 h über texanischem Territorium geflogen waren. Tankstop in West Texas, ganz nah bei El Paso. Der Weiterflug nach Arizona ging über das Stadtzentrum von Ciudad Juarez. Deutlich sah man die überdimensionierte Staatsflagge Mexikos im Wind aufgebläht wehen. Tagesziel war Cochise Airfield in Willcox / Arizona. Hier, wie auch vorher in West Texas waren ernsthafte Überlegungen anzustellen, ob die herrschenden Bedingungen überhaupt einen Start erlaubten. Wir hatten auf Grund der Höhenlage des Terrain und der herrschenden Temperatur eine Density-altitude von über 8000 ft. Da prüft man schon, ob die Startstrecke wohl ausreicht. Der nächste Tag brachte uns über Tuscon / Arizona nach Gila Bend. In Tuscon konnten wir ganz deutlich die riesige Fläche mit abgestellten Militär-Jets erkennen. Ein paar Meilen weiter nördlich ein Flugfeld mit abgestellten Airlinern. In Gila Bend dann eine unerfreuliche Überraschung. Wegen Bauarbeiten auf dem Gelände gab die Tankstelle kein Benzin her. Es reichte aber noch für 1:15 h bis Yuma, wo wir (nach 24 Stunden Flugzeit im amerikanischen Luftraum) den ersten Kontakt mit einem Tower hatten. Hier, dicht an der mexi-kanischen Grenze und an der Staatsgrenze zwischen Arizona und Californien herrschte reger militärischer Jet-Betrieb. Wir konnten uns problemlos einfädeln und die Tanks für den letzten Flugabschnitt auffüllen. Der letzte Leg war dann auch nur 1:15 h weit, hatte es aber in sich. Aus einer

Geländeformation der Depression (unter NN) bei El Centro ging es über eine Gebirgskette mit Gipfelhöhen von fast 6ooo ft, und dann aber auf relativ kurzer Distanz wieder herunter zum Landeanflug auf Gillespie Airfield in El Cajon / San Diego / California, wo Björn Andreasson 1958 mit dem Urtyp BA 7 seinen Erstflug absolvierte. Larry erwartete uns bereits und die Begrüssung war überaus herzlich. Es war einmal wieder grosszügige Gastfreundschaft in seinem Hause angesagt und wir fühlten uns wie daheim. Die nächsten Tage waren angefüllt mit Rundfahrten zu den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung der Stadt, einschliesslich einem Besuch in Tijuana / Mexiko. Auf den Flugplätzen waren die entstehenden Eigenbauten in den verschiedenen Hangars für uns von besonderem Interesse. Und es ist unvorstellbar, wieviele Flugzeuge hier so langsam in den Asphalt wachsen. Seit Monaten und Jahren nicht genutzt und nicht gewartet. Für unsere Vorstellungen vom Wert eines Luftfahrzeugs nicht nachvollziehbar.

Dann ging Larry´s Urlaub zu Ende und auch wir mussten uns auf den Rückweg machen. Aber die Wetterbedingungen zwangen zu erheblichem Nachdenken. Früh morgens war es stark dunstig und niemand hätte erwartet, an diesem Tag die Sonne zu sehen. Doch gegen 10 Uhr hatte die Sonne von oben den Dunst aufgeleckt und es bildeten sich Cumuli. Diese zogen rasch an das Gebirge, das zu überqueren war. Ein Startversuch am Mittwoch, 22. 9. 99 brachte uns nach 24 Minuten wieder an den Platz zurück. Am nächsten Tag waren die Wetterbedingungen die gleichen, aber wir schafften den Flug über den Pass und waren bald wieder in der Depression zum Tanken in Imperial. Weiter dann entlang des I - 8 bis Casa Grande, und weiter - wieder über Tuscon - nach Willcox zur Übernachtung. Hier ging nachts ein Gewitter nieder, aber am nächsten Morgen Sonne pur. Der 1. Leg brachte uns nach West-Texas, wo wir einen dort ansässigen deutschen Fliegerkameraden trafen. Er begleitete uns in seiner Piper ein Stück des Weges und dokumentierte mit der Videokamera unseren Verbandsflug. Weiter ging es über Fort Stockton zum Tanken und weiter nach Fredericksburg / Texas. Am nächsten Tag: Tankpause in Cleveland / Texas und False River am Missisippi und Tanklandung in Bay Minette. 3 Stunden fehlten noch bis zum Heimatplatz aber es war Sonntag und die kleine Werft, die den Platz betreibt, pflegte der Sonntagsruhe. Also hinunter in die Ortschaft und ein Motel aufsuchen. Wenn es auch an diesem Sonntag im Supermarkt (24 h geöffnet) absolut kein Bier zu kaufen gab, war der Platz-Service nicht zu übertreffen. Der Werftbesitzer holte uns am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück in seinem Strassenkreuzer am Motel ab und so waren wir wieder schnell oben am Platz. An Fliegen war aber nicht zu denken. Eine Wetterbarriere vom Golf trennte uns von unserem Ziel und sooft wir auch das Wetterradar bemühten, es gab keine Chance da durch zu kommen. Ein Anruf zu Hause ergab zudem, dass dort ergiebiger Dauerregen niederging. Der nächste Tag brachte die Erlösung, aber erst nach 14.oo LT. Wir praktizierten ein Verfahren, dass auch im europäischen Wetterraum zu empfehlen ist, bei uns aber wegen der horrenden Landegebühren wenig angewendet wird. Man fliegt bei beherrschbaren Wetterbedingungen bis es ratsam ist, den Durchzug einer Schauer am Boden abzuwarten. Das war der Fall in Funiak Springs. Nach 1 1/2 Std Wartezeit konnten wir in weitem Bogen den Rest der Schauer nördlich umfliegen und landeten 1:45 h später, nach einem starken Überflug, wieder auf dem heimatlichen Gras-Strip. Der Empfang bei den Fliegerfreunden dort war unbeschreiblich, denn auch der amerikanische Sportflieger legt nicht allzu häufig solche Distanzen zurück. Die Gesamtflugzeit betrug 40 Stunden und die zurückgelegte Strecke 3.66o NM. Und alles war so leicht gelaufen, als wenn man es jeden Tag mache. Die Bedingungen in den Staaten sind für die allgemeine Luftfahrt wirklich optimal. Wetterberatung gibt es von jedem Telefon über eine gebührenfreie 1-8oo- Nummer. Keine Landegebühren, so dass eine Sicherheitslandung, ohne die Überlegung was das wohl wieder kosten wird, selbstverständlich ist. Und dann die Kraftstoffpreise. Sie schwanken zwischen 1,80 $ und 2,11 $ für eine US-Gallone. Unerlässlich ist eine gründliche Einarbeitung in die für uns ungewohnten Sectional-Karten. Vor jedem Flug muss man sich über die am Streckenverlauf liegenden Luftraumstrukturen informieren, denn nur wer dargestellte Luftraum-beschränkungen als solche erkennt, kann ihnen entsprechen - oder ausweichen und sie so vermeiden.

Wieder daheim war Arbeit angesagt: Ölwechsel und 5o h - Kontrolle. Auch hier und da noch etwas nachbessern, was notwendig erschien. Und wieder Kontaktpflege zu den Nachbarn in der Community. Was hier in den Hangars in Bau ist, wird man nicht glauben wollen: Tom baut seit 4 Jahren an einem 6-sitzigen Kabinendoppeldecker in Kit-Technik, der der Boing-Staggerwing nachempfunden ist und stand kurz vor dem roll-out. Ein riesiger Sternmotor und Einziehfahrwerk geben dem Flieger ein gewaltiges Aussehen. Der Prototyp war letztes Jahr in Oshkosh zu sehen. Dann baut ein anderer die Velocity, eine 4-sitzige Ente. Ein anderer eine wunderschöne RV 6. Larry und Vic bauen ihre 3.

Bücker-Jungmann. Andere Projekte befassen sich mit dem Wiederaufbau von Brüchen. Man kommt

aus dem Staunen nicht heraus. Weiteres Highlight dann noch eine Werksbesichtigung in den Maule-Werken. Bis dort waren es nur 4o min Flug. Die Flieger werden hier in solider Werkmannsarbeit

zusammen gebaut. Interessant war zu erfahren, dass Herr Maule jun. seinen Kunden erst dann mit der

Neuerwerbung wegfliegen lässt, wenn er davon überzeugt ist, dass dieser nach gründlicher Einweisung das Flugzeug beherrscht.

Und bald hiess es dann Abschied nehmen. Wir haben allen Grund, für 4 Wochen perfekter Gastfreundschaft, echter Fliegerkameradschaft und ein unvergessliches Gemeinschaftserlebnis Dank zu sagen.


Wilhelm Fischer